Anna Wambrechtsamer
 

Slowenisch-österreichische Schriftstellerin (1897 - 1933)
 

Anna Wambrechtsamer (* 4. Juli 1897 in Planina bei Sevnica, Gemeinde Šentjur, Slowenien; + 4. August 1933 in Graz) war eine österreichisch-slowenische Schriftstellerin.
 

Anna Wambrechtsamer wurde in Slowenien, unweit von Celje/Cilli geboren. Ihr Vater, Friedrich Wambrechtsamer, war Kaufmann, ihre Mutter, Maria Rožanc, war Postbeamtin. Es ist durchaus denkbar, dass die Tochter im Taufregister als Ana eingetragen wurde, sie hat jedoch den überwiegenden Teil ihres Lebens als Anna „firmiert“.
 

Mit 6 Jahren kam sie in die Volksschule in Planina, mit 11 musste sie in die Bürgerschule nach Celje/Cilli, wo sie das erste Mal mit den Spannungen zwischen slowenisch- und deutschsprachigen Mitschülern und Mitbürgern konfrontiert wurde. Ihr Leben lang versuchte sie, diese Spannungen zu mindern und das friedliche Miteinander der beiden Volksgruppen zu fördern.

Als sie 12 Jahre alt war, übersiedelten die Eltern nach Studenci bei Maribor/Marburg an der Drau. Sie kehrte nur noch zu den Ferien nach Planina zurück. In dieser Zeit entstanden ihre ersten literarischen Versuche. Mit 14 endete die Bürgerschule, Anna schrieb sich in die Lehrerbildungsanstalt ein, erkrankte jedoch nach zwei Jahren mit 16 (1913) an einer Lungenentzündung und musste ihre Schulzeit beenden.

Schon in der Volksschulzeit hatte sie sich Rosa Adamus, die ehemalige Leiterin einer privaten Mädchen-Ausbildungsanstalt in Wien, zu Vorbild und Freundin gewählt, die sie mit Märchen und Mythen, Sprichwörtern und Volksbräuchen zum Interesse an Literatur und Geschichte führte.

Nach dem Tod des Vaters 1914, Anna ist 17, ist sie gezwungen, die Laufbahn einer Postbeamtin einzuschlagen, ein Beruf, den sie nie lieben gelernt hat und der sie ihrer Meinung nach nur davon abhielt, Schriftstellerin zu werden.

Als sie 21 ist, bricht die alte europäische Weltordnung zusammen und Anna findet sich mit ihrer Mutter und zwei Koffern in St. Lambrecht in der Obersteiermark wieder: 8. Dezember 1919 - Anna steht vor einem völligen Neuanfang. Die reichhaltige Stiftsbibliothek in St. Lambrecht ermöglicht ihr die ersten historischen Studien. Sie lernt Wien kennen. Sie zieht nach Graz. Immer noch arbeitet sie daneben bei der Post, diesmal in Frauental bei Deutschlandsberg.

Anna sucht nach Möglichkeiten, sich stärker der Schriftstellerei zu widmen. Sie glaubt, diese im Hafen der Ehe zu finden. Im Sommer 1922 heiratet sie den um 20 Jahre älteren Postbeamten Hans Sigmundt. Ohne Zweifel hat sie ihren Mann anfänglich geliebt. Die Hoffnungen, die beide in die Ehe gesetzt hatten, zerrannen. Schließlich wird Annas Wunsch nach Lösung dieser Bindung so stark, dass sie im Scheidungsverfahren 1924 alle Schuld auf sich nimmt.

Wenig später trifft sie "die Liebe ihres Lebens", Johann Buchenauer, einen Journalisten, einen Mann, der nur einen Fehler hat: Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Später sollte sie für diesen Mann sogar vom katholischen zum evangelischen Glauben übertreten. Er hat sie dann auch geheiratet. Es blieb jedoch keine sehr glückliche Beziehung. Um sich über Wasser zu halten, eröffneten die beiden ein Haushaltswarengeschäft in Graz. Die Arbeitslast blieb fast ausschließlich auf den Schultern von Anna.

Trotzdem konnte sie daneben Zeit im Grazer Landesarchiv und in der Landesbibliothek verbringen. Von 1925 bis 1927 verfasste sie die Chronik der Burg und des Marktes Planina, die sie auch ins Slowenische übersetzte. Seit 1928 arbeitete sie an den Vorbereitungen ihres wichtigsten Werkes, des historischen Romans "Heut Grafen von Cilly und nimmermehr". Daneben entstanden wie am Fließband über 30 Aufsätze, Erzählungen in Feuilleton-Form, für die Cillier Zeitung und die Deutsche Zeitung. Sie übersetzte zwei slowenische Dramen ins Deutsche: "Veronika Deseniška" von Oton Županèiè und "Hermann von Cilli" von Anton Novaèan. Noch 1933, sechs Monate vor ihrem Tod, stellte sie eine Novelle aus der Zeit der französischen Revolution, "Die Erlebnisse des Philip Carmont", fertig und schrieb den autobiografischen Roman "Reinhold der Grenzer".

"Heut Grafen von Cilly und nimmermehr" vollendete sie 1932. 1933 gelang es ihr, einen Verleger zu finden: Leykam in Graz, der das umfangreiche Werk mit 693 Seiten und 15 Bildtafeln noch im selben Jahr heraus brachte. Zu spät. Anna war am 4. August 1933 im Alter von 36 Jahren verstorben. "Heut Grafen von Cilly und nimmermehr" ist das einzige ihrer Werke, das längeren Bestand und ansehnliche Verbreitung gefunden hat. In der Übersetzung von Niko Kuret erlebte "Danes grofje celjski in nikdar veè" sechs Nachdrucke und eine Auflagenzahl, die bisher nur wenigen slowenischen Schriftstellern beschieden war. Der Roman ist eine einzige Antwort auf die Frage, warum die Cillier, nachdem sie ihren Einfluss auf ganz Mittel- und Südosteuropa ausgedehnt hatten, ausgestorben sind.

Das Geschlecht derer von Cilli erlosch 1456 mit der Ermordung Ulrichs II. in Belgrad. In einem Erbvertrag hatten einander die Cillier und die Habsburger beim Aussterben einer der beiden Familien den Übergang sämtlicher Besitzungen an die überlebende Familie zugesichert. Der im Titel des Buches zitierte Ausspruch wird dem kaiserlichen Gesandten zugeschrieben, der nach der Grablegung des letzten Cilliers mit seiner Lanze das Familienwappen vom Eingang der Familiengruft stieß.

Die drei Sterne auf blauem Grund im Staatswappen des heutigen Slowenien wurden aus diesem Familienwappen entnommen. Die Cillier stammen ursprünglich aus Sanneck/Zovnek, westlich von Celje/Cilli. Sie brachten es bis zum reichsunmittelbaren gefürsteten Grafen. Ihre Südosteuropa-Politik wird heute als echte Alternative zu der der Habsburger gesehen. Es gibt Spekulationen, die ihnen sogar eine Verhinderung oder Hinauszögerung der Türkengefahr für Europa bereits im Keim, also noch im 15. Jahrhundert zugetraut hätten. In Anna Wambrechtsamers historischem Roman werden u. a. die positiven und negativen Facetten der Heiratspolitik derer von Cilli dargestellt.

Werke von Anna Wambrechtsamer sind unter anderem:
- Heut Grafen von Cilly und nimmermehr (Danes grofje celjski in nikdar veè)
- Das Glücksspiel des Grafen von Tattenbach
- Die Chronik von Burg und Markt Planina
- Jung sterben (Gedicht)
- Anno Domini 1919 (Gedicht)
- Der letzte Graf von Cilli
- Graf Friedrich, Schirmherr der Stadt Cilli
- Reinhold der Grenzer

(pe)

 
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